Die Fuge aus der Geographie – Ernst Tochs „Originalwerk für Schallplatte“

Ernst Toch: „Der meist vergessenste Komponist des 20. Jahrhunderts“

Ernst Toch um 1930 in Deutschland (Ernst Toch Archive, UCLA Library, Performing Arts Special Collections)

Der 1887 in Wien geborene Ernst Toch zählte Ende der 1920er Jahre noch zu den meistgespielten zeitgenössischen Komponisten im deutsch-sprachigen Raum. Wegen seiner provokanten Klänge, der maschinenhaften Rhythmik und eines scharf dissonanten Kontrapunkts galt er als einer der frechsten Tonsetzer dieser Zeit. Tochs 1930 komponierter Fuge aus der Geographie für vierstimmigen Sprechchor, die als Musterbeispiel für Musik der „Neuen Sachlichkeit“ verstanden wird, kommt bis heute weltweit eine populäre Rolle im Chorrepertoire zu.
Mit der Flucht vor den Nationalsozialisten und der Emigration in die USA verschwand der Komponist aus den europäischen Konzertprogrammen und außer der Sprechfuge blieb dem Pubikum vieles seiner Musik bis heute noch unbekannt. Wenige Jahre vor seinem Lebensende bezeichnete Toch sich im Gespräch mit dem Musik-wissenschaftler Nicolas Slonimsky als „the world’s most forgotten composer“. Seit den 1990er Jahren allerdings werden seine Werke wieder häufiger aufgeführt und erfreuen sich aufgrund engagierter Tonaufnahmen und diverser Ersteinspielungen toch noch größeren Interesses der Hörerschaft abseits Geographischer Fugen.

Mit dem Vorbild Mozarts begann der junge Ernst Toch als Autodidakt vor allem Kammermusik im spätromantischen Stil zu komponieren.  Innerhalb von Fachkreisen konnte er mit diesen frühen Werken bereits auf sich aufmerksam machen und mit seiner Ausbildung in Frankfurt avancierte Toch bald zu einem der maßgeblichen neusachlichen Komponisten.  Dabei galten seine Interessen verschiedensten Genres und reichten von Bühnen- über Kammermusik bis hin zu experimenteller Musik für mechanische Instrumente und Schallplatten.   Zwar nahm Toch in einigen Werken schon Ende der 1920er Jahre Abstand von seiner provokanten Tonsprache und bewies sich als ebenso begnadeter Melodiker, ein vollends neoromantischer Stil bestimmt Tochs Schaffen aber erst seit der Emigration. Er zeichnet sich durch weitgespannte Melodielinien aus und entwickelt eine Klanglichkeit die auch als karg, zuweilen als schroff bezeichnet wird.

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Fuge aus der Geographie (1930) gesprochen von Junger Chor Aachen unter Fritz Wey

Gesprochene Musik  – „Grammophonmusik“ erster Stunde

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„Toch! .Sie sind ein Wahnsinniger! .Aber Hindemith, was bilden Sie sich ein xxx
mit solchen Werken? Sie sind doch ein aufrichtiger Bürger!“ Richard Strauss…….

Die Suite Gesprochene Musik für vierstimmigen Sprechchor, bestehend aus den drei Sätzen O-a, Ta-tam und Fuge aus der Geographie, komponierte Toch 1930 für die „Berliner Festtage für zeitgenössische Musik“, bei dem auch Musik am Programm stand, die speziell für elektrische Instrumente, für den Rundfunk sowie für Schallplatten konzipiert wurde.   Tochs Gesprochene Musik war ursprünglich nämlich als Aufnahme für die manipulierte Wiedergabe durch ein Grammophon gedacht und versteht sich als ein Beitrag echter neusachlicher „Maschinenmusik“. Die Suite ist untrennbar verbunden mit der Vorstellung von der Schallplatte als einem klangverändernden Musikinstrument, die Toch der gängigen Idee von der Schallplatte als einem Reproduktionsmittel gegenüberstellt. Am 18. Juni 1930 kamen bei den Festtagen „Originalwerke für Schallplatten“ zur Aufführung, darunter eben die Suite Gesprochene Musik sowie Paul Hindemiths Trickaufnahmen. Im Veranstaltungsprogramm findet sich dazu folgende Erläuterung:

„Diese Platten sind die allerersten Experimente auf dem Gebiet einer originalen künstlerischen Produktion für die Schallplatte. Die Autoren möchten an diese mit unzulänglichen technischen Mitteln und ohne ausreichende Erfahrungen unternommenen Versuche nicht den strengen Maßstab eines Kunstwerks angelegt wissen. Sie sind sich bewußt, mit diesen Platten nichts weiter als kleine unterhaltende und scherzhafte Stücke geliefert zu haben, deren Wirkung durch Aufnahmetricks (Einkopieren, Mischen, Überblenden, Tonhöhenwechsel usw.) hervorgerufen wird und die vielleicht den Anfang einer weiteren künstlerischen Verwertung der spezifischen Möglichkeiten der Schallplatten darstellen können. “ 
(„Originalwerke für Schallplatten“, in: Neue Musik Berlin 1930; Wiederdruck: Spiegel der Neuen Musik: Donaueschingen 1996)

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Bedauernswerterweise gingen die Schallplatten als auch die Originalnoten beider Komponisten verloren. Nur das Manuskript zu Gesprochene Musik überdauerte die Zeit.  

„Ich wählte das gesprochene Wort und ließ einen vierstimmigen gemischten Kammerchor genau festgelegte Rhythmen, Vokale, Konsonanten, Silben, und Worte so sprechen, daß unter Einschaltung der mechanischen Möglichkeiten bei der Aufnahme (Vervielfachung des Tempos und die damit verbundene Ton-Erhöhung), eine Art Instrumentalmusik entstand, die es wohl fast vergessen machen mag, daß ihrer Hervorbringung nur ein Sprechen zugrunde liegt.“ 
(Toch, E.: Über meine Kantate ‚das Wasser‘ und meine Grammophonmusik, Melos. Zeitschrift für neue Musik 9. Mainz 1930. S. 221f)

Tochs konkrete Verwendung der Schallplatte bleibt ungeklärt, die Möglichkeiten der kompositorischen Operationen aber lassen sich erahnen.   Ralph Kogelheide vermutet, dass die drei Sätze der Suite ohne Manipulation aufgezeichnet und anschließend durch Veränderung der Abspielgeschwindigkeit sowie durch Überlagerung mehrerer Aufnahmen verfremdet wurden.
Obgleich das Medium Schallplatte für die Entstehung der Komposition eine wesentliche Rolle spielte, ging die epochemachende Fuge aus der Geographie ohne akustische Veränderung in das Chorrepertoire ein. Dies ermöglichte eine Initiative von John Cage, der die Aufführungen der Originalkompositionen für Schallplatte in Berlin miterlebte und 1935 eine von ihm angefertigte Partitur zu Tochs Sprechfuge als englische Ausgabe in der Zeitschrift „New Music“ von Henry Cowell veröffentlichen ließ.

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Ernst Toch: Fuge aus der Geographie für Grammophon
ein Experiment von Miguel Molina und Leopoldo Amigo
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Die Fuge aus der Geographie – ausgesprochen musikalisches Sprechen

Besonders bei seiner Fuge aus der Geographie aus der Suite Gesprochene Musik versuchte Ernst Toch, durch verschiedenste Operationen des motivischen (textlichen) Materials musikalische Effekte allein mit gesprochener Sprache zu bewirken.   Um die an sich tonhöhenungebundenen Sprechgesänge dennoch in eine musikalisierte Form zu bringen, rückt Toch andere Aspekte des musikalischen Ausdrucks ins Zentrum seiner kompositorischen Arbeit. So gewinnt er dynamisierende Wirkung vor allem durch das Hervorheben rhythmischer Gegensätze und kontrastierender Klänge der Sprechlaute. Besonders im kontrapunktisch organisierten, polyphonen Formverlauf der Fuge, der zu großen Teilen durch imitatorische Behandlung des musikalischen Materials bestritten wird, können im Zusammenwirken jeweils einzelner Stimmen rhythmisierende oder klangliche Effekte vielfach genutzt werden, sodass ein musikalisches Moment im Sprechen evoziert wird.

Gemäß den strengen Satzregeln einer Fuge lässt Toch das Thema zunächst erst jede Stimme einzeln hintereinander durchlaufen, bevor er nach dieser ersten Durchführung des Fugenthemas die Stimmen freier behandelt. Diesem Hauptthema der Fuge aus der Geographie stellt der Komponist freilich ein Kontrasubjekt gegenüber, das nach erstem vollständigen Erklingen des Themas einsetzt und dieses sodann auch weiterhin begleiten wird. Den zwei Themen der Fuge ordnet Toch folgendes Motiv- bzw. Textmaterial zu:

Thema

Ratibor! Und der Fluss Mississippi und die

Stadt Honolulu und der See Titicaca; der

Popocatepetl liegt nicht in Kanada, sondern in Mexiko, Mexiko, Mexiko

Kontrasubjekt

Kanada, Malaga, Rimini, Brindisi, Kanada, Malaga, Rimini, Brindisi.

2  Kanada, Malaga, Rimini, Brindisi, Kanada, Malaga, Rimini, Brindisi.

Ja! Athen, Athen, Athen, A-

then, Nagasaki, Yokohama,

Nagasaki, Yokohama,

Athen, Athen, Athen, Athen

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Thema der Fuge aus der Geogreaphie

Kontrasubjekt der Fuge aus der Geogreaphie

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Jeanpaul Goergen deutet die Schlussfuge von Gesprochene Musik – wie auch die Dreisätzigkeit im Ganzen – als ironischen Hinweis Tochs auf die musikalische Werkhaftigkeit seiner Suite:

Zwar erfüllt der Satz wesentliche Gattungsmerkmale einer Fuge:  Die vier Stimmen setzen imitativ mit einem Thema ein, es gibt ein Kontrasubjekt, Augmentationen und Diminutionen. Doch wird die Ernsthaftigkeit, die mit dem strengen kontrapunktischen Satz assoziiert wird, sogleich durch den sinnfreien Text aus geographischen Namen humorvoll gebrochen. Zudem schließt Toch ein entscheidendes Element kontrapunktischer Arbeit von vornherein aus, indem er für einen Sprechchor komponiert: die aufeinander bezugnehmenden Tonhöhenbewegungen verschiedener Stimmen. Instrumentalmusik entstand, die es wohl fast vergessen machen mag, daß ihrer Hervorbringung nur ein Sprechen zugrunde liegt.“ 
(Goerge, Jeanpaul: Ernst Toch – Über meine Grammophonmusik, Westdeutscher Rundfunk, Studio Akustische Kunst, Sendung vom 03.06.1997.)

Erste Durchführung des Fugenthemas in der Fuge aus der Geographie (1930) von Ernst Toch

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– von F. W. am 8. November 2020


Quellen

Kogelheide, Ralph: Jenseits einer Reihe ‚tönender Punkte‘ – Kompositorische Auseinandersetzung mit Schallaufzeichnung, 1900–1930, Dissertation zu Erlangung des Doktorgrades der Philosophie, Hamburg 2017.

Merrill, Julia: Die Sprechstimme in der Musik – Komposition, Notation, Transkription, Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2016.

Raz, Carmel: From Trinidad to Cyberspace: Reconsidering Ernst Toch’s “Geographical Fugue”, in: Zeitschrift der Gesellschaft für Musiktheorie 9/2, 227–243, 2012.

Toch, Ernst: Über meine Kantate ‚das Wasser‘ und meine Grammophonmusik, in: Melos. Zeitschrift für neue Musik 9, S. 221f, Mainz 1930.

Dingler Hendrik: Das Musikinstrument Schallplattenspieler und dessen Erweiterungen im digitalen Zeitalter, Diplomarbeit für den Diplomstudiengang Komposition im Fach Elektronische Komposition, Essen 2013.

Haas, Michael: The ‘geographical’ journey of Dr. Ernst Toch, in: Forbidden Music, Juni 2014.  (https://forbiddenmusic.org/2014/06/11/the-geographical-journey-of-dr-ernst-toch)

Schader, Luitgard: Toch Ernst, in: MGG Online, veröffentlicht 2006, online veröffentlicht 2016.
(https://www.mgg-online.com/mgg/stable/23530)

Baumgartner, Edwin: Die verlorene Komponistengeneration, in: Wiener Zeitung, veröffentlicht am 02. 10 2014.(https://austriaforum.org/af/Wissenssammlungen/Essays/Musik/verlorene_Komponistengeneration)

Die Neue Sachlichkeit des Bürgerschrecks

Als Paul Hindemith durch die Uraufführung von Das Marienleben die Erkenntnis „ethischer Notwendigkeiten der Musik“ und „moralischer Verpflichtungen des Musikers“ gewann, begann sich das Wesen seiner Musik grundlegend zu ändern und einen neuen Stil zu entwickeln, der der Musik der „Neuen Sachlichkeit“ zuzurechnen ist und als einer deren Hauptvertreter auch schließlich Hindemith selbst gilt.

«Es gibt heute in der Musik kaum technische Aufgaben, die wir nicht bewältigen könnten. Die technischen und rein künstlerischen Fragen rücken ein wenig in den Hintergrund. Was uns Alle angeht, ist dies: das alte Publikum stirbt ab; wie und was müssen wir schreiben, um ein größeres, anderes Publikum zu bekommen; wo ist dieses Publikum?»
– Paul Hindemith, „Über Musikkritik“ (1929)

„Neue Sachlichkeit“ als Begriff wird seit den 1920er Jahren bis heute als Stil- und Epochenbezeichnung diverser kultureller Modernisierungstendenzen der Weimarer Republik, sowie als Schlagwort für den damaligen Zeitgeist verwendet. Der Ausdruck, der 1923 von Gustav Friedrich Hartlaub für Tendenzen in der Bildenden Kunst geprägt und bald von Zeitgenossen auch auf Musik angewandt wurde, umschreibt eine gelungene Demokratisierung von Musik, die gegen den Selbstausdruck der Expressionisten ausgespielt wird. Musik der „Neuen Sachlichkeit“ ist unsentimental, nüchtern, formal fest gefügt, überschaubar und prägnant. Sie verschmäht das „Ausdrucksvolle“ ohne deshalb ausdruckslos zu sein. Diese Ästhetik führte in der Kunstmusik zur bewussten Verwendung bisher unbeachteter Genres und Stilelemente, darunter vor allem aus der zeitgenössischen populären Tanz- und Unterhaltungsmusik, und konnte sich an vergangenen Epochen stilistisch orientieren. Neusachliche Musik zielt auf Aktualität und Realität ab und reagiert auf die Welt der Moderne, deren massenkulturelle Phänomene sowie den technischen Fortschritt. Sie sucht Halt in der Gesellschaft und in den Institutionen, die ein Kulturleben tragen, und möchte sich als nützlich erweisen.

«Die Zeiten des steten Für-sich-Komponierens sind vielleicht für immer vorbei. Auf der anderen Seite ist dagegen der Musikbedarf so groß, dass es dringend nötig ist, dass sich Komponist und Verbraucher endlich verständigen.»
Paul Hindemith, »Wie soll der ideale Chorsatz der Gegenwart oder besser der nächstren Zukunft beschaffen sein?« (1927)

Ende der 1920er Jahre entwickelte Paul Hindemith lebhaftes Interesse für noch neue Formen des Musizierens, für neue Musikinstrumente und erprobte sich im Komponieren für neuen Medien. Er schrieb für die klassischen Institutionen des Musiklebens, komponierte Musik für hochvirtuose Berufsmusiker wie auch solche für Laien und Kinder (z.B. mit Bertold Brecht ein „Lehrstück“) und er richtete unbekannte alte Musik aufführungspraktisch ein. Daneben griff er neue Medien auf, komponierte für Grammophonschallplatten, neue mechanische und elektrische Instrument, wie etwa das von Friedrich Trautwein konstruierte und nach ihm benannte Trautonium, und konzipierte seine Musik in Hinblick spezifischer Anforderungen, etwa für die Radioübertragung des musikalischen Hörspiels Sabinchen (1930) und die Drei Anekdoten für Radio auch Drei Stücke für fünf Instrumente (1925), die genau die damaligen Sendemöglichkeiten von Musik im Rundfunk berücksichtigen.

Titelblatt Wir bauen eine Stadt, 1930 (http://www.hindemith.info/)

Drei Anekdoten für Radio auch Drei Stücke für Fünf Instrumente (1925)

Im Kampf mit dem Berg (1921) – Musik zu Arnold Francks Stummfilm

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Reklame für einen Trautonium-Bauplan
aus dem Jahr 1931
(www.bonedo.de/artikel/einzelansicht/die-geschichte-der-elektronischen-musik-3.html)

2 . und 4. Satz aus Des kleinen Elektromusikers Lieblinge (1930) – Musik für 3 Trautonien, ngespielt von Paul Hindemith, Oskar Sala und Rudolf SchmidtFünf Instrumente

Konzert für Trautonium mit Begleitung des Streich-orchesters (1931) – Peter Pichler am Mixturtrautonium und Musiker des Orchesters des Bayerischen Rundfunks

Das Triadische Ballett von Otto Schlemmer wurde zu Lebzeiten seines Schöpfers in gleich 5 unterschiedlichen Choreographien mit jeweils unterschiedlichen Musikfolgen realisiert. Für die Aufführung des experimentellen Balletts in Donaueschingen schrieb Hindemith eine Tanz-Suite für Mechanische Orgel . Von dieser Komposition existiert zwar kein Notenmaterial, jedoch Schallplatten-Aufnahmen.
Gemeinsam mit der Toccata für das mechanische Klavier (1926) wurden die zwei Stücke als Musik für mechanische Instrumente op. 40 im Juli 1926 in Donaueschingen erstaufgeführt.
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Triadisches Ballett für mechanische Orgel (1926)

Toccata Für Das mechanische Klavier (1926)

1921 aus der Kammermusik Nr. 1, op. 24 Nr. 1 gespielt vom Ensemble Kronberg Academy Soloists

1922 Suite, Op.26 5. Ragtime gespielt Sviatoslav Richter

Mit der Uraufführung seiner Kammermusik op. 24 Nr. 1. bei den 2. Donaueschinger Kammermusiktagen am 31. Juli 1922 wurde Hindemith zum “Bürgerschreck” der 1920er Jahre abgestempelt. Die Komposition “parodiert einen kammermusikalischen Anspruch: sie präsentiert sich als Kammermusik, aber in rohem, undifferenziertem, dennoch außerordentlich charakteristischem Kolorit […] in einem etüdenhaften, undurchhörbaren und oft geräuschhaften Begleitsystem, das eben nicht motivisch ausgearbeitet und transparent ist”. (Schubert, Giselher) Das berüchtigte Finale 1921 greift auf den damals populären Foxtrott Fuchstanz von Wilm-Wilm zurück und damit auf jenen “Kitsch” der 20er Jahre, wie Kritiker meinten, den Hindemith selbst schrieb, wenn ihm “keine anständige Musik” mehr einfiel:

Es ist erreicht! Der modernen deutschen Musik ist es endlich gelungen, das heutige Leben dort zu fassen, wo es sich am frivolsten und gemeinsten austobt. Der dieses ‘Wunder’ zustande brachte, ist der Komponist Paul Hindemith in seiner Kammermusik op. 24 Nr. 1. Man steht einer Musik gegenüber, wie sie zu denken, geschweige zu schreiben, noch nie ein deutscher Komponist von künstlerischer Haltung gewagt hat, einer Musik von einer Laszivität und Frivolität, die nur einem ganz besonders gearteten Komponisten möglich sein kann.
– Alfredf Heuss: „Der Foxtrott im Konzertsaal“, Zeitschrift für Musik 90, 1923.

Ouvertüre zum „Fliegenden Holländer“ wie sie eine schlechte Kurkapelle morgens um 7 am Brunnen vom Blatt spielt (1925) gespielt vom Buchberger Quartett

Hin und Zurück – Sketch mit Musik, op. 45a (1927)

_ von F. W., am 5. November 2020


.Quellen

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http://www.hindemith.info/de/leben-werk/biographie/1918-1927/werk/sachlichkeit-als-stil/

http://www.hindemith.info/de/leben-werk/biographie/1918-1927/werk/gebrauchsmusik/

https://www.bonedo.de/artikel/einzelansicht/die-geschichte-der-elektronischen-musik-3.html

Grosch, Nils: „Neue Sachlichkeit“, in: MGG online, online veröffentlicht 2016.

Heuss, Alfred: „Der Foxtrott im Konzertsaal“, Zeitschrift für Musik 90, 1923.

Hindemith, Paul: „Über Musikkritik“, in: Melos 8 (1929), S. 106–108.

Hindemith, Paul: „Wie soll der ideale Chorsatz der Gegenwart oder besser der nächstren Zukunft beschaffen sein?“ (1927), in: Aufsätze, Vorträge, Reden, hrsg. von Giselher Schubert, Zürich 1994, S. 27.

Schubert, Giselher: Paul Hindemith: konzis, Mainz: Schott 2016.